„Wer eine gute Customer Experience bieten will, muss sich ständig hinterfragen" : Ein Interview mit Daniel Hikel von Optimizely
Eine wichtige Nachricht für Marketer: Eine personalisierte Kundenansprache ist einer der entscheidenden Faktoren für ein positives Kundenerlebnis, so die Analyse.
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Ende letzten Jahres veröffentlichte die Unternehmensberatung KPMG alarmierende Studienergebnisse: Die Zufriedenheit mit dem Parameter "Kundenerlebnis" in deutschen Unternehmen war auf den niedrigsten Wert seit vier Jahren gesunken.
Im Interview erklärt Daniel Hikel, General Manager DACH bei Optimizely, warum sich Personalisierung positiv auf die Kundenbindung auswirkt - und welche Rolle Daten für eine erfolgreiche Customer Experience spielen.
Was ist der Unterschied zwischen „Customer Experience“ (CX) und „Customer Centricity“?
Daniel Hikel: Customer Experience bezeichnet die Gesamtheit aller Erfahrungen, die ein Kunde zum Beispiel beim Besuch einer Website macht. Customer Centricity hingegen ist eine übergeordnete strategische Ausrichtung. Sie stellt die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns. Beide Begriffe hängen jedoch unmittelbar zusammen: Ein Unternehmen, das den Kunden in den Mittelpunkt stellt, muss eine herausragende Customer Experience bieten.
Wie lässt sich die hohe Unzufriedenheit der Kunden in der aktuellen KPMG-Studie erklären?
Hikel: Dies ist differenziert zu betrachten. Wie die Studie zeigt, gibt es durchaus Ausnahmen. So bietet der Handel beispielsweise das vergleichsweise beste Kundenerlebnis. Hinzu kommt, dass die Bewertung auf sechs Einflussfaktoren basiert: Empathie, Integrität, Personalisierung, Erwartungen, Problemlösungskompetenz sowie Zeit und Aufwand. Nun muss man fairerweise sagen, dass die Erwartungen der Konsumenten noch nie so hoch waren. Erschwerend kommt hinzu, dass insbesondere im Handel zum Zeitpunkt der Erhebung der Studie schlichtweg andere Prioritäten gesetzt wurden. Dazu gehören die Rentabilität, der Umgang mit Lagerüberhängen und Abverkäufen oder die Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten.
Befindet sich die CX also in einer „Krise“?
Nein, die hohe Nachfrage nach Web-und Feature-Experimenten spricht dagegen. Tatsache ist aber, dass Kunden oft nicht die zeitlichen und personellen Ressourcen haben, um Experimente aufzusetzen und regelmäßig durchzuführen. Ich spreche hier von neuen Experimenten, die nicht alle zwei Monate, sondern täglich oder wöchentlich auf der eigenen Website gestartet werden, um schnell aus Fehlern zu lernen und so die Customer Experience zu verbessern. Dafür benötigen Unternehmen aber das entsprechende Personal und eine Fehlerkultur im eigenen Haus, die es erlaubt, den „Lessons Learned"-Gedanken auch in die Tat umzusetzen. Denn 80 Prozent der Experimente scheitern: Von 10 Experimenten sind nur 2 erfolgreich. Unternehmen müssen also zehn Experimente durchführen, um Erfahrungen zu sammeln. Experimentieren ist die treibende Kraft hinter einer guten Customer Experience.
„Sortieren und Fokussieren ist das A und O in Krisenzeiten“
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Wie muss die ideale Customer Experience aussehen?
Hikel: Eine ideale oder perfekte Customer Experience, die die individuellen Vorlieben, Präferenzen und Erwartungen eines jeden Shoppers oder Website-Besuchers zu 100 Prozent erfüllt, gibt es nicht. Der oft zitierte Checkout ist nur ein Teil davon. Es geht auch nicht darum, dem Kunden oder Nutzer das perfekte Erlebnis zu bieten, sondern das bestmögliche. Die einzelnen Ausprägungen sind unterschiedlich und variieren. Wichtig ist aber in jedem Fall das Thema Barrierefreiheit. Sie ist zwar nur ein Aspekt für eine gute Customer Experience, aber im Gesamtkontext enorm wichtig.
Was gehört noch zum Thema Customer Experience?
Hikel: Das Geheimnis im Handel heißt Fokussierung. Der Fokus auf den Kunden gelingt am besten mit personalisierten Angeboten. Personalisierung ist der Schlüssel und beeinflusst das gesamte Kundenerlebnis. Um jedoch zu wissen, was der Kunde wirklich will, sind neben Experimenten auch Datenanalysen wichtig. Unternehmen, die ihre strategischen Entscheidungen nicht auf Basis von Daten treffen, werden keine Überlebenschance mehr haben. Sortieren und Fokussieren ist das A und O in Krisenzeiten.
Personalisierung erfordert Daten, die jedoch oft an unterschiedlichen Orten gespeichert sind. Wie geht man in solchen Fällen vor?
Hikel: Marketer benötigen entsprechende Systeme, die Daten zentral verwalten und speichern. Customer-Data-Plattformen bieten die Möglichkeit, Daten zu segmentieren, ohne zurück ins Data Warehouse gehen zu müssen. Customer Experience hat für mich auch viel mit dem Thema Time to Market zu tun. Es geht um Schnelligkeit, um Echtzeit-Informationen. Marketer leben von Daten. Nur so ist es auch möglich, Conversion-Ziele wie Leads etc. zu erreichen.
Wie können KI und Automatisierung das Kundenerlebnis verbessern?
Hikel: Künstliche Intelligenz und Automatisierung verbessern das Kundenerlebnis durch effiziente Datenanalyse und personalisierte Inhalte. Integrierte KI-Tools beschleunigen beispielsweise die Texterstellung für Marketer. Während KI jedoch eher der große Treiber ist und für Innovation steht, bietet Automatisierung noch dazu in Kombination mit Machine Learning gerade im Marketing sofortige Vorteile und ist oft der Schlüssel zu schnellen Erfolgen, besonders im E-Mail-Marketing.
Gibt es Unternehmen, die in Sachen Customer Experience besser performen als andere?
Hikel: Start-ups sind weiter, da der „Experimentiergeist“ und die ständige Optimierung zum Wohle des Kunden Teil ihrer DNA sind. Sie können nur wachsen, wenn sie sich ständig selbst reflektieren und so Expertise aufbauen. Grundsätzlich gilt dies aber für jeden, der seine Website als Vertriebskanal nutzt: Wer eine gute Customer Experience bieten will, muss sich ständig hinterfragen.